Onlinedurchsuchung

Letzte Woche gewann die Debatte um die sogenannte Onlinedurchsuchung bzw. den Bundestrojaner nochmals etwas an Fahrt, da der Entwurf des BKA-Gesetzes, in dem auch die entsprechenden Regelungen untergebracht werden sollen, an die Öffenlichkeit gelangte.

Die Brisanz des Gesetzes wurde unter anderem dadurch gesteigert, daß kein unbedingter Richtervorbehalt mehr vorgesehen war, das BKA sich auch als andere Behörden ausgeben dürfen sollte, um mit gefälschten eMails Verdächtigen den Bundestrojaner unterzuschieben, und die Benachrichtigung von Ausgespähten eingeschränkt wurde.

Anfang der Woche hieß es von Ziercke, dem Präsidenten des BKA, daß es sich beim Bundestrojaner jeweils um Unikate handeln soll, und sich der Einsatz auf ca. 10 Fälle pro Jahr beschränken soll.

Alles in allem sehr nebulös und einige Fragen scheinen mir immer noch nicht geklärt:

  1. Wenn man mit Software-Unikaten in ca. 10 Fällen pro Jahr vorgehen will, sind die Kosten für den zu erwartenden Nutzen nicht etwas hoch? Unter Kosten sind hier Entwicklungskosten und ideelle Kosten, wie zum Beispiel Verlust an Bürgerrechten, subsummiert.
  2. Wie will man sicherstellen, daß der Bundestrojaner nicht von Dritten mißbraucht werden kann?
  3. Wie will man die sichere Infektion des Zielrechners sicherstellen?
  4. Wie will man sicherstellen, daß nicht andere als der Zielrechner infiziert werden?
  5. Wie will man sicherstellen, daß der Bundestrojaner nicht zu Systemfehlern, Dysfunktionalitäten und Datenverlust führt?
  6. Mit welchen Mitteln befriedigt das BKA zivilrechtliche Schadensersatzansprüche, die durch den Einsatz des Bundestrojaners entstanden sind?
  7. Wie stellt man die Integrität der so erhobenen Daten sicher?
  8. Wie wird sichergestellt, daß die Rückübermittlung der Daten an das BKA unauffällig bleibt? Wie werden zB. Bandbreitenengpässe vermieden?
  9. Wie beugt man dem Vertrauensverlust der Bürger in eGovernment und Kommunikation über das Internet vor, wenn das BKA sich für andere Behörden ausgeben können soll? Was unterscheidet das BKA dann von einem Phisher?
  10. In welchen Situationen konkret verspricht sich das BKA Nutzen aus der Onlinedurchsuchung?
  11. Wie wird ein ausufernder Einsatz dieses neuen Instruments der Strafverfolgung, wie zum Beispiel bei der Kommunikationsüberwachung beobachtbar, vermieden?

Die Gefahren, die ein solches Instrument mit sich bringt, läßt sich zeitnah an einem Fall aus den Reihen des BND zeigen: Ein Beamter soll ihm dienstlich zugängliche Abhörmöglichkeiten für private Zwecke genutzt haben.

users/rosenke/blog/20070902-onlinedurchsuchung.txt · Last modified: 2007-09-29 19:08 by rosenke
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